Archiv Melsungen

Grenzbegänge – Beschreibung mit historischen Bezügen Etappe 2

Von der Fuldabrücke über den Steinwaldskopf zum Campingplatz


2.1    Schwarzenberger Durchfahrt, Spickebrücke und Fährkahn
2.2    Latenezeitliche Siedlung auf der „Hobestadt“
2.3    Wüstung Wendesdorf
2.4    Alte Poststraße und Röhrenfurther Fuldabrücken
2.5    Dreimärkerstein
2.6    Giesengraben und Gläserne Scheese
2.7    Gleim- und Jahndenkmal
2.8    Siebenjähriger Krieg 1756 - 1763
2.9    Eisenerzschürfstellen
2.10    Wüstung Berterode
2.11    Landgraf Friedrich II

 

2.1    Schwarzenberger Durchfahrt, Spickebrücke und Fährkahn

Der Feldweg, den wir hier hinaufgehen, gehört schon zur Gemarkung Schwarzenberg. Die rechte, die östliche Wegeseite, bildet die Grenze zu Röhrenfurth.

Ein großer Teil der Schwarzenberger Gemarkung liegt hier auf der linken Fuldaseite, das Dorf liegt jedoch auf dem jenseitigen Ufer. Wie kamen die Schwarzenberger nun auf die andere Fuldaseite, um dort ihre Feldarbeiten zu erledigen? Der Weg über die Röhrenfurther Brücke oder gar die Melsunger Bartenwetzerbrücke war mit einem Kuh-, Ochsen- oder Pferdegespann sehr weit und umständlich.

Natürliche Flussübergänge waren seit jeher die Furten und so hatten auch die Schwarzenberger ihre Furt, die sog. „Därchfohrt“. Die lag am Ende des Feldweges, der vom Parkplatz an der B 83 hinunter zur Fulda führt. Dort ist auch noch ein Hohlweg zu sehen, der durch die hier heraufkommenden Fuhrwerke entstanden ist.

Die Schwarzenberger Furt hatte anscheinend auch überregionale Bedeutung. Die vielen Wegespuren am oberen Ende des Wangergrabens sind zu zahlreich und zu tief, als dass hier nur Holzfuhrwerke gefahren sind. Es könnte durchaus sein, dass Fuhrleute und Händler den Melsunger Brückenzoll und die städtischen Abgaben umgangen haben und die Fulda hier in Schwarzenberg durchquert haben.

Die Fulda hier zu Fuß zu durchqueren, war nur im Sommer ausnahmsweise einmal möglich und es gab oft Feldarbeiten, für die kein Gespann nötig war. Daher gab es in Höhe des ehemaligen „Hexenbaumes“ eine Spickebrücke. Eine Spickebrücke ist ein schmaler, hölzerner Steg, auf dem Fußgänger die Fulda überqueren konnten. Der Steg wurde jedes Jahr im Frühjahr nach den Winterhochwassern aufgebaut und im Herbst wieder abgebaut. Dort lag auch ein Fährkahn, mit dem der Fluss ebenfalls überquert werden konnte.


2.2    Latènezeitliche Siedlung auf der „Hobestadt“

„Die Hobestadt“ – „Die Hofstätte“ ist ein Flurname, welcher den Röhrenfurthern heute nicht mehr bekannt sein dürfte. Ist er doch bei der Verkoppelung untergegangen und die Flächen sind heute ein Bestandteil der „Forstländer“. Was es mit dem Namen Hobestadt auf sich hat, werde ich später noch erklären.

Die Hobestadt ist einer der geschichtlich interessantesten Plätze in der Gemarkung Röhrenfurth.

Der Landwirt Karl Freudenstein II., Schwiegervater von Reinhold Prack, hatte hier eine Sandgrube erschlossen. Im Jahre 1933 fand der Arbeiter Hofmann beim Wegräumen des über dem Sand liegenden Steinschuttes ein Tongefäß und zwei bronzene Dreiknotenarmreife. Die Fundstücke wurden in das heutige Hess. Landesmuseum Kassel eingeliefert und dort als latènezeitlich datiert. Sie befinden sich noch heute im Fundus des Museums. Die Kulturstufe der Latènezeit umfasst die letzten 500 Jahre vor Christi Geburt.

Auf Grund der Einlieferung dieser Fundstücke kam der Archäologe Dr. Naß vom heutigen Landesamt für Denkmalpflege in Marburg und führte Ende August und Anfang September 1934 mit Hilfe einiger Leute vom Reichsarbeitsdienst Melsungen eine Grabung durch. Es wurde ein Graben für einen 80 m langen und 1,50 m breiten Sondierungsschnitt angelegt.

Es wurden jedoch keine Stücke aus der Latenezeit gefunden, sondern nur eine flache mit Lehm gefüllte Grube. Der Lehm enthielt Tonscherben aus dem Mittelalter. Am Rand der Sandgrube fanden sich noch Spuren von weiteren solcher Gruben. Dr. Naß beachtete die Gruben nicht weiter, sie stammten nicht aus der Laténezeit. Sie werden heute als Spuren von mittelalterlichen Grubenhäusern gedeutet, was wiederum für die Lokalisierung der Wüstung Wendesdorf interessant ist.

Grubenhäuser wurden seit der Steinzeit errichtet. Die größeren Typen wurden hauptsächlich als Werkstätten und Handwerkshäuser, die kleineren Typen als Erdkeller zur Lagerung von Vorräten genutzt.

Dr. Naß erwähnte in seinem Grabungsbericht auch, dass der Bruder von Karl Freudenstein (Mathias Freudenstein) in diesem Gebiet noch zahlreiche Scherben von mittelalterlichen Tongefäßen gefunden hatte.

Heute nimmt man an, dass es sich bei den Funden in der Sandgrube um Beigaben zu einem latènezeitlichen Körpergrab handelt.

Im Frühjahr 1997 fand ich im Graben an der gegenüberliegenden Straßenseite einen Getreidemahlstein. Dieser Mahlstein wurde vom Archäologen Dr. Sippel ebenfalls als latènezeitlich datiert. Daraus folgere ich, dass sich an dieser Stelle zur Latènezeit eine Siedlung befand. Der Getreidemahlstein befindet sich heute im Melsunger Heimatmuseum und wird auch in der Ausstellung zum 825-Jahre-Jubiläum zu sehen sein.

Wer wohnte hier auf dem Wendesberg? - Die Latènezeit, also das letzte halbe Jahrtausend vor Christi Geburt, wird im Allgemeinen als die hohe Zeit der Kelten angesehen. Sie beherrschten zu dieser Zeit das südliche und mittlere Hessen. Daher wird oft vom „Keltengrab“ von Röhrenfurth gesprochen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Kelten hier im Norden Hessens gesiedelt haben. Vermutliche waren es Germanen - Sueben oder Chatten – die hier wohnten. Sie standen jedoch unter dem Einfluss der überragenden keltischen Kultur.


2.3    Wüstung Wendesdorf

Es ist allgemein bekannt, dass es hier oben auf dem Wendesberg ein Dorf mit dem Namen Wendesdorf gab.

Zum ersten Male wird Wendesdorf in einer Urkunde aus dem Jahre 1332 erwähnt. Die Siedlung ist sicher viel älter. Nach einer Theorie, die das Alter von Siedlungen aus dem Namen ableitet, sind die Siedlungen, deren Namen auf „-dorf“ endet, kurz nach der Völkerwanderungszeit, also um 500 bis 600 n. Chr. entstanden. Eine durchgehende Besiedlung dieses Platzes seit der Latènezeit kann man aus der Namensgebung nicht ableiten.

Wo lag nun dieses Dorf? Es hat im Laufe der Zeit immer wieder unterschiedliche Theorien gegeben. Ich hoffe, die Diskussion nun beenden zu können.

Auf einem Urvermessungsriss des Katasteramtes fand ich die alte, durch die Verkoppelung untergegangene Flurbezeichnung „Hobestadt“. Diese Flurbezeichnung deutet auf eine wüst gewordene Hofstätte – eine Siedlung hin. Die Lage dieser Flurbezeichnung bildet ein Dreieck, dessen westliche Seite ca. 200 m entlang der Straße „Zum Wengesberg“ führt, die Basis führt durch das Haus Prack – Zum Wengesberg 7 - ca. 150 m genau nach Osten.

Vorhin habe ich schon einmal erwähnt, dass bei der archäologischen Grabung im Jahre 1934 flache, mit Lehm gefüllte Gruben, vermutlich Spuren von mittelalterlichen Grubenhäusern, gefunden wurden, in denen sich auch Scherben mittelalterlicher Tongefäße befanden. Diese Funde dürften gemeinsam mit der Flurbezeichnung „Hobestadt“ Beweis sein, dass hier an dieser Stelle das Dorf gelegen hat.

Warum verließen die Menschen ihr Heimatdorf? – Um 1460 sind vermutlich auch die letzten Gebäude verschwunden. Dr. Ludwig Armbrust schreibt in seiner Chronik über Melsungen, dass das Land auf dem Wendesberg sehr schlecht und sehr steinig ist und dass deshalb die Menschen das Dorf verließen. Es drängt sich jedoch die Frage auf, wenn der Boden so schlecht ist, warum werden die Äcker noch heute bestellt? Warum wurden sie nicht der Natur überlassen und sind heute bewaldet?

Heute existieren nur noch etwa die Hälfte der Dörfer und Siedlungen, die im 13. Jahrhundert vorhanden waren. Die meisten Dörfer wurden wüst, weil, etwas vereinfacht dargestellt, die Leute in die Städte und die umgebenden größeren Dörfer gezogen sind und ihre Äcker, soweit sie genügend Ertrag abgaben, von dort bestellt haben. In den Städten und in den größeren Dörfern lebte man sicherer, als in den kleinen Siedlungen.


2.4    Alte Poststraße und Röhrenfurther Fuldabrücken

„Durch dieses Dorf gehet die Land und Poststraße von Caßell auf Milsungen, Rotenburg und weitheres auf Nürnberg und wird der Strohm vermittels einer fliegenden Flöße paßiret.“ So einfach beschreibt das Lager-, Stück- und Steuerbuch von 1744 die Tatsache, dass eine der wichtigsten Nord- Süd-Straßenverbindungen durch das Dorf führte.

In Friedenszeiten war die Straße ein großer Wirtschaftsfaktor, nicht nur für die Wirte. Auch die Bauern profitierten von der Straße. Sie lieferten Nahrungsmittel für Mensch und Tier und sie waren am steilen Anstieg den „Wengesberg“ hinauf zum Vorspann für die Post verpflichtet. Auch die Wagen der Händler benötigten einen Vorspann. Das brachte etwas Geld in die Kasse, war aber zur Zeit der Feldbestellung und zur Erntezeit eher lästig. In Kriegszeiten kam natürlich auch eine Menge Kriegsvolk mit Raub und Plünderung ins Dorf.

Das Dorf Röhrenfurth war seit seiner Gründung (zwischen 600 und 900 n. Chr.) eng mit dem Flussübergang der Straße über die Fulda verbunden. Wann die erste Brücke über die Fulda gebaut wurde, ist nicht bekannt. Ältestes Zeugnis einer Brücke über die Fulda ist die Landtafel von Dilich aus dem Jahre 1615.

Die Röhrenfurther Brücke ist bis zum Bau der ersten steinernen Brücke im Jahre 1886 immer eine Holzbrücke gewesen. Für die Benutzung der Brücke musste Brückenzoll gezahlt werden. 1623 war vermutlich Hans Steuber Brückenzollerheber. Er erhielt 1 Viertel (ca. 200 Liter) Hafer als Besoldung.
Als Brückenzoll wurden beispielsweise zu dieser Zeit erhoben für:
1Wagen = 2 Heller, 1 Karren = 1 Heller, 1 Rind = 4 Heller, 1 Schwein = 3 Heller, 1 Fuder (6 Ohm oder 960 Liter) Bier = 6 Heller. Ein Jude, der die Brücke zu Fuß überquerte, zahlte 1 Albus oder 12 Heller, soviel wie 6 Wagen oder wie 2 Fuder Bier.

Der Bau einer Holzbrücke war zwar billiger als der Bau einer Steinbrücke, benötigte aber öfters größere Aufwendungen für den Erhalt oder den Neubau. 1739 war die Brücke unbrauchbar geworden und Geld für einen Neubau hatte man offensichtlich nicht und so richtete man eine „Fliegende Fähre“ ein. Der Melsunger Schiffbauer Hachmeister fertigte für 100 Thaler eine 66 Fuß, also ca. 19 m, lange Fähre an. An beiden Ufern wurden dicke Eichenpfosten eingerammt, die zusätzlich mit eisernen „Eisböcken“ gesichert waren. Zwischen beiden Pfosten wurde eine Kette gespannt, an der die Fähre mittels zwei Rollen hing. Der Fährmann zog die Fähre an einer Kette über den Fluss, wobei man sich durch Schrägstellen der Fähre der Unterstützung durch die Strömung bediente.

Doch die Fähre hatte sich wohl nicht bewährt. 20 Jahre später war wieder eine Brücke vorhanden. Wann sie gebaut worden war, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass der Brückenmeister Noll 10 Rthlr. Sold erhielt. Im Jahre 1764 musste die Bücke gründlich überholt werden. Im August 1762 hatten schottische Soldaten auf dem Steinwaldskopf eine Geschützstellung eingerichtet, um den Verkehr auf der Nürnberger Landstraße und den Schiffsverkehr auf der Fulda zu unterbinden. Vermutlich wurde die Brücke durch Beschuss aus dieser Stellung stak beschädigt.

1768 wurde am linken Fuldaufer ein neues Zollhaus für den Brückenwärter gebaut. Als dann später kein Brückenzoll mehr erhoben wurde, zog hier der Röhrenfurther Forstläufer ein.

Die Kosten für den Unterhalt, Reparatur oder gar Neubau der Brücke mussten die umliegenden Ämter und Städte aufbringen. In den Jahren 1797/98 war eine Generalüberholung der Brücke notwendig. Hierbei zahlten das Amt und die Stadt Melsungen, das Amt und die Stadt Spangenberg, das Amt und die Stadt Felsberg. Sogar das Amt Rotenburg mit 938 Rthlr. und die Stadt Rotenburg mit 242 Rthl. zahlten etwa ¼ der Kosten.


2.5    Dreimärkerstein

Dreieckige Grenzsteine, wie dieser, werden als Dreimärker bezeichnet. Hier an diesem Grenzpunkt trafen die 3 Gemarkungen – R Röhrenfurth – S Schwarzenberg – M Melsungen – zusammen. Bei der Verkoppelung (1892 – 1899) wurden die Gemarkungsgrenzen an den Zuschnitt der neuen Grundstücke angepasst. Ackerflächen wurden zwischen den 3 hier beteiligten Gemarkungen ausgetauscht. Heute treffen die 3 Gemarkungen am Lacheweg, dort wo wir zur „Hobestadt“ abgebogen sind, zusammen.


2.6    Giesengraben und Gläserne Scheese

Der Giesengraben bildet die südliche Grenze der Gemarkung Röhrenfurth zu Melsungen. Im Mittelalter ging die Gemarkung Wendesdorf bis hierher. Tief hat sich der Flutgraben in den lockeren Lößboden eingeschnitten.
Zum ersten Male wird der Graben 1392 als Gysingraben, nach dem Melsunger Familiennamen Gyße – Giese, erwähnt.

Mit dem Giesengraben und dem Giesenbrückchen ist eine Gruselgeschichte, die hier in Gedichtform wiedergegeben ist, verbunden.

De glässerne Scheese.
’ne gruselige Geschichte, die awwer wohr sin sall.

Am Wengesberge wor’s, emme Meddernochd,
Es gink en Schtorm wie off Deiwel on Mord,
On duster hingken de Wolken on schwarz
Ewwer der Fohle her. Awwer wos macht’s
Wamme doch hem muß noch emme die Zidd.
Na schließlich eß jo der Wegk net so witt
Bis Melsongen – en halwes Schtindchen bloß,
So dohcht ech, on demmelte forsch droff los.
Ech komb öh werklich hebsch dapper vom Fleck
Dann öwwer den Hoppel wor ech schond wegg,
On jetz off de Stroße zu ging’s bergkin
Alszu so im halwen Dämmerschinn;
Dann der Mond, dem’s, wie’s schenn, net so rächt gefill,
Schnett en Gesechte, wie wann hä krischen will.

Im Steenbachs Wähldchen do sühste der Wend
On wimmerte, schier wie en kleenes Kend.
De Beeme, die bogen sech hen on her
On anketen, als wie wanns ver Schmerzen wär;
On de Fohle, die eß doch sost öh net so,
So graß on so onheemlech gretzegroh.
On dann de Babbeln, do gucket nuhrd henn,
Dos sin doch Geschbenster, die de do stenn,
Geschbenster im Mondschinn so retzerot,
Geschbenster, die brengen Verdärwen on Dod.
Ach wann ech doch nuhrd erscht derheme wär!
De Beene die wechen mä zentnerschwer –
Es wor mä, als ob mech om Schleppen ähr hill.

In Schwarzenbergk drewwnen do hüllte en Hünd –
So schbeete, woß hott dann woll dos fer en Gründ?
On wie ech mech remmdreh, so log ech ver Schreck
Binöh off der Schtroße den lahngen Wegk,
Dann dorten bim Growen komb groß on breet
-    Jo drehm ech dann oder Werklechkeet? –
Den Orrehn ronger derch d’s deckeste Gros
Ne Scheese verdanzeg üß lütter Glos
On nischt net wos drohne üß Glos net wor.
Nuhrd de Gischel wor Selwer met Gold beschlohn
on funkelte wie üßem Lädchen gezohn.

De glässerne Scheese! Wos mach ech dann nuh?!
Es schnierte ver Angest de Kehle mä zu.
Ach wann ech nuhrd kinnte, dann liff ech noch wegk!
Doch kunnt ech net genn meh, noch gooken ver Schreck.
So guck ech en Schtarr on wäre net klugk
On stehe stockstiff ver dem nächtlichen Spuk.
Ach Gott, jetz kemmetse gor off mech nin!
Zwee Schimmel de gräßleche Scheese ziehn,
Zwee Schimmel, so bleech on met Ojen wie Blut
On Mähnen von brennender Feiersglut.

On drenne – ach dass ech’s verzellen nuhrd kann –
Im Wöhme drenne do setzet en Mann,
Der hellt – wahrhaftig ech muß geschtenn,
So schrecklech hon ech noch nie nischt gesehn –
Der hellt, wie me sosten en illernen Dopp
Onger den Ormen, bie Gott, sinnen egenen Kopp,
Als hätt’ echen ämme sälwer obgeschlohn,
So bleech on so blutig, so ernst on so schtarr - -
-    On ech löhfe on löhfe, halb dod on halb wach
Ohn den Bappeln verbieh, ohn der Rosenheeh,
On danke Gott, wie ech d’s Siechenhühs seh.
Doch witter noch wie vom Beesen gejöht,
So löhf ech, biß schier mä der Oden üßgeht.
Bihm Wrisbergksgorden erscht mache ech halt;
Do Schtink der Herte, der Scheenewald.
He hatte gedütet on blobberte grad
Sin: „Hört, ihr Herren in dieser Schtadt.  -  -  
-  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -

 


2.7    Gleim- und Jahndenkmal

1955 errichtet die Melsunger Turngemeinde oben auf dem Steinwaldskopf in Gedenken an ihre im Krieg gefallenen Mitglieder das Jahndenkmal.

In Kassel standen Säulen des im Kriege zerstörten Schlosses zur Verfügung. Die hatten für die MT eine für diesen Zweck würdige Form. Also wurden die Säulenteile nach Melsungen gebracht und hier oben aufgerichtet. Auch der Heimat- und Verschönerungsverein beteiligte sich an der Aktion und errichtete wenige Meter unterhalb zur Erinnerung an den Bürgermeister (1906 – 1927) und Heimatfreund Otto Gleim ein Denkmal.

Ursprünglich hatte man von hier einen herrlichen Blick ins Fuldatal zwischen Röhrenfurth und Melsungen. Damals gehörte der Steinwaldskopf noch zu Melsungen. Erst 1958 wurde der Wald hier oben in die damals noch selbständige Gemeinde Röhrenfurth umgemeindet.


2.8    Siebenjähriger Krieg 1756 - 1763

Der Krieg war der entscheidende Kampf des von England und Hessen u.a. unterstützten Preußen gegen das mit Frankreich, Russland, Schweden u.a. verbündete Österreich um die Vormachtstellung im Deutschen Reich. Preußen behauptet seine Stellung unter Führung Friedrichs II., des Großen. Durch die Bindungen Frankreichs in Europa konnte England im britisch – französischen Kolonialkrieg Kanada und Indien gewinnen.

Die Hauptoperationslinie des westlichen Kriegsschauplatzes ging mitten durch Hessen.

1757 wurde Melsungen von Franzosen besetzt, blieb aber von Kampfhandlungen weitgehend verschont. Die Soldaten mussten jedoch ernährt werden. Auch forderten die Franzosen eine Menge Geld von der Stadt und den Einwohnern. Im Laufe des Krieges wechselte mehrfach die Besatzung der Stadt: Schweizer – Hannoveraner – wieder Franzosen.

1762 ging der Krieg für Melsungen dem Ende entgegen. Engländer, Braunschweiger und Hessen lagern rings um die Stadt; Schotten lagerten hier oben am Steinwald.
Die eigentliche Schanze der Schotten lag ca. 100 m südlich von hier. An unserem Standpunkt hatte man eine Geschützstellung eingerichtet. Der Wald am Hang nach Röhrenfurth war abgeholzt worden. So wie es das Bild auf der Tafel, welches Howard Westoll gemalt hat, zeigt, konnte man von hier den Verkehr auf der Nürnberger Landstraße und der Fulda überwachen und die Franzosen in Melsungen vom Nachschub abschneiden.

Ab Samstag, den 8. August 1762 wurde Melsungen beschossen. Die Kanonade dauerte bis zum Montagmittag, richtete aber keinen großen Schaden in der Stadt an. Am 17. August zogen die Franzosen ab und am 15. November war für Melsungen der Krieg zu Ende.

Was hier oben am Steinwaldskopf geschah schildert der hessische Generalstabsoffizier Carl Renouard in einem zeitgenössischen Bericht:
 Die Brigade von Beckwith nebst 8 Zwölfpfündern, 4 Sechspfündern und 2 Haubitzen bricht um 11 ½ Uhr Vormittags (am 8. August1762) auf, um die zwischen dem Wald von Röhrenfurth und Melsungen aufgeworfenen Batterien zu besetzen. Die Zwölf- und Sechspfünder werden in die große Batterie , die 2 Haubitzen nebst 2 Feldstücken (Regimentsgeschütz) in der Flesche  vor der Redoute  aufgestellt, um die Brücke bei Röhrenfurth zu bestreichen. Die Brigade nimmt Stellung in dem hinter der großen Batterie gelegenen Grund; die hier stehenden 200 Mann von den Bataillonen der Bergschotten aber werden zwischen den beiden Wäldern (des Steinwaldes und des Kessels) gegen die Fulda vorgeschoben, um die linke Flanke der Brigade zu decken.


2.9    Eisenerzschürfstellen

Am Hang im Wald unterhalb des Kopfes findet man etwa 30 ovale Einebnungen, die als Spuren des mittelalterlichen Eisenerzabbaues gedeutet werden.


2.10    Wüstung Berterode

Laut Dr. Armbrust lag das Dorf Berterode nördlich der Straße nach Melgershausen bei der Flur „Auf den viereckigen Platten“. Nach den Grenzbeschreibungen von 1577 und 1589 lag die Wüstung zwischen dem Steinwaldskopf und dem Kesselloch. In Dilichs Landtafeln von Röhrenfurth und Melsungen von 1615 ist hier „Guteroda“ - die gute Rodung - vermerkt.


2.11    Landgraf Friedrich II

Bis zum Jahre 1958 verlief die Grenze Röhrenfurths an diesen Grenzsteinen entlang. Die Abkürzung FL steht für Friedrich Landgraf und bezieht sich auf den Landgrafen Friedrich II. (1720 – 1785), der 1771 diese Grenze hier festlegen und versteinen ließ.

Unser Friedrich ist der, dessen Denkmal in Kassel auf dem Friedrichsplatz steht und der das Friedericianum bauen ließ. Er regierte in der Zeit des Siebenjährigen Krieges und schlug sich auf die Seite Preußens.

Er ist auch durch den sog. Soldatenhandel bekannt geworden. Die Kritik an der Bereitstellung von Truppen lässt jedoch meist außer Acht, dass das damals auch bei anderen Staaten durchaus gängige Praxis war. Sowohl andere Feudalherren der Zeit, aber auch die demokratisch regierte Schweiz, gingen vergleichbar vor. Die Schweizer Garde des Papstes existiert heute noch.

Kurt Maurer jun.

 

Quellen:

Kurt Maurer sen.:
800 Jahre Röhrenfuth – Geschichte und Geschichten eines Dorfes.
Melsungen – Röhrenfurth 1982

Dr. Ludwig Armbrust:
Geschichte der Stadt Melsungen bis zur Gegenwart
Melsungen 1921

Dr. Dieter Wolf:
Melsungen. Eine Kleinstadt im Spätmittelalter
Butzbach 2003

Heinz Rüdiger:
Das Basaltvorkommen an der Hüneburg
in 700 Jahre Empfershausen

Dr. Georg Landau:
Historisch-topographische Beschreibung der wüsten Ortschaften in Hessen ....
Kassel 1858

Carl Renouard:
Geschichte des Krieges in Hannover, Hessen und Westfahlen
Kassel 1864

J. G. Schleenstein:
Landesaufnahme der Landgrafschaften Hessen-Kassel
1707/1710

Wilhelm Dilich:
Abriß des Bezirks Röhrenfurtt so Riedeselisch - Spezialtafel des Amtes Melsungen
1615

Niveaukarte vom Kurfürstentum Hessen
Blatt 32 Melsungen
1848 und 1857

Hessisches Landesamt für Geoinformation und Bodenmanagement
Topografische Karte 1:25 000 – Nr. 4823

 

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