Archiv Melsungen

ICE Neubaustrecke

Bereits im September 1964 schlugen Planer in einer Studie vor, das Schnellbahnnetz der Bundesbahn auszubauen. Im August 1973 begannen südlich von Hannover die Bauarbeiten. Der Fertigstellungstermin wurde auf  das Jahr 1980 geschätzt; 1976 verlängerte  man diesen Termin auf  das Jahr 1986, 1979 auf Anfang der 1990er Jahre.

Am 14. August 1982 berichtete die HNA, dass die Bemühungen des Stadtverordneten Gerd Portmann Erfolg hatten. Die Bundesbahn hat ihr Vorhaben aufgegeben, den Bergrücken zwischen Heege und Erpelberg mit Hilfe eines Einschnittes zu durchqueren, stattdessen wurde in offener Bauweise ein Tunnel gebaut.

Im Januar 1986 befasste sich der Ortsbeirat zum ersten Mal mit dem Problem der Deponierung der Erdmassen im Zehntgraben und lehnte die Ablagerungen strikt ab. Es wurde befürchtet, dass bei einer Wiederholung von wolkenbruchartigen Regenfällen, wie sie sich 1969 ereignet hatten, die Erdmassen der Deponie ins Tal gespült würden.

Die Vorgeschichte :
Laut Planfeststellungsbeschluss vom November 1982 sollten die Ausbruchmassen sowohl des Kaiserautunnels als auch des Hainbuchtunnels durch die Tunnelröhren transportiert und in der Deponie Entenpfuhl im Stadtwald Melsungen eingelagert werden. Im August 1985 ereignete sich im Kaiserautunnel ein Erdeinbruch, der den Abtransport unmöglich machte. Durch den Erdeinbruch sollte sich der Tunnelbau um 6 Monate verzögern. Um den Hainbuchtunnel fristgerecht weiter bauen zu können, wurde vom Breitenbachtal aus eine provisorische Baustelle eingerichtet. Von hier aus sollte laut Genehmigung die obere Hälfte der Tunnelröhre auf 300 m Länge gebaut werden. Die Ausbruchmassen sollten auf einer Zwischendeponie in der Nähe des Tunneleinganges gelagert und später zur Deponie Entenpfuhl gebracht werden. Die Tunnelbaufirmen  bemühten sich, die Erdmassen auf noch zu befestigenden Forstwegen gleich zur Deponie Entenpfuhl zu bringen. Das scheiterte jedoch am Widerstand des Forstamtes. Nun sollten die Erdmassen vom Breitenbachtal auf den schmalen Straßen  durch Röhrenfurth und Schwarzenberg zum Entenpfuhl gebracht werden. Ein unmöglicher Zustand. Es wurde also beschlossen, in Röhrenfurth eine Baustelle einzurichten. Aber wohin mit den Ausbruchmassen?

Im März 1986 stellte die Bundesbahn in einer Ortsbeiratssitzung eine Deponie vor, in der über 400.000 Kubikmeter gelagert werden sollten. Also weitaus mehr, als aus dem Hainbuchtunnel ausgebaut werden sollte. Eine riesige Deponie, die auch den Zehntgraben umfassen sollte und am unteren Ende 16,5 m Höhe haben sollte. Das rief den massiven Protest der Röhrenfurther hervor, zumal 1970 im Zehntgraben Bauschutt abgelagert wurde, der jedoch nicht so eingebaut wurde, wie es für eine so große Deponie nötig gewesen wäre. Erschwerend kam hinzu, dass aus dem Zehntgraben immer noch Wasser herauslief.

Im März 1986 befasste sich sogar der Hessische Landtag im Rahmen einer kleinen Anfrage mit der Erddeponie.

Die Proteste hatten schließlich Erfolg. Im April 1986 berichtete die HNA von einem Kompromiss zwischen der Bundesbahn und dem Ortsbeirat. Anstatt der 400.000 Kubikmeter sollten nur 250.000 Kubikmeter gelagert werden. Die Ablagerungen sollten auf eine größere Fläche verteilt werden. Dadurch verringerte sich die Höhe der Deponie von 16,5 auf  7,5 m.

Am 5. August 1986 wurde der offizielle Tunnelanschlag des Hainbuchtunnels gefeiert. Tunnelpatin war Anna Maria Koch, die Frau des Ortsvorstehers, was auch Ausdruck einer besonderen Wertschätzung war – nach monatelangen heftigen Auseinandersetzungen mit der Bundesbahn. Üblicherweise wurden nur die Frauen von Ministern, Landräten oder Bürgermeistern zu Tunnelpatinnen ernannt. Etwa 300 Bürger aus Röhrenfurth um Umgebung waren zum Festakt gekommen. Nachdem Frau Koch die symbolische Sprengung ausgelöst hatte und alle Reden gehalten waren, konnten sich die Gäste an Speis und Trank ordentlich und vor allem kostenfrei laben. Die angenehme Kühle im Tunnel verleidete eine ganze Reihe von Besuchern, kräftig zuzugreifen. Der Heimweg in’s Dorf, bergab und wieder bergauf wurde, je nach „Tanklage“, recht beschwerlich. Die Hitze außerhalb des Tunnels tat ein übriges.

1986 wurde die Breitenbachtalbrücke gebaut. Die Brücke ist 440 m lang und 48 m hoch.

Im April 1989 war die ICE-Strecke Kassel-Würzburg im Rohbau fertig. Am 2. Juni 1991 wurde der reguläre Betrieb auf der Strecke eröffnet. Die Baukosten betrugen 11,2 Milliarden Mark – fast das Dreifache der ersten Schätzung aus 1970.

Kurt Maurer jun.      

 

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