Archiv Melsungen

Die Wüstungen in der Umgebung unseres Dorfes, die Wüstung Wendesdorf

Die erste urkundliche Erwähnung der Siedlung Wendesdorf stammt aus dem Jahre 1332, als der Priester Gumbracht bestätigte fünf Äcker auf dem "Wendesdorfer Berg" gekauft zu haben, die nach seinem Tode dem Allerheiligenaltar in der Melsunger Kirche zufallen sollen, wobei ausdrücklich erwähnt wird, daß diese Äcker in Wendesdorf liegen.

Das Dorf unterhalb der Steinwelle (des Steinwaldes, Steinbühels) stieß auf den Gießengraben und lag in der Flur "Am Lobenhäuser Pfad", also genau oben auf dem "Wengesberg". Zu der Gemarkung Wendesdorf gehörte auch die "Wendisaue", ein Garten und eine Wiese unter dem Kessel, im Besitze des Landgrafen und an Lobenhäuser Einwohner verpachtet.

Das Land auf dem Wendesberg war steinig und schlecht und wechselte daher sehr häufig den Besitzer. Im Jahre 1351 vergibt der Landgraf Heinrich II. seinen getreuen aber verarmten Gefolgsleuten Johann, Gisela und Katharina von Schwarzenberg, den Zehnten seines Besitzes in Wendesdorf. Das Kloster Eppenberg hatte dort Besitz, der 1356 an den Melsunger Bürger Hans Bahlhorn verpachtet war und aus einem Hof mit 3/4 Hufe (rd. 24 Acker) Land bestand. Bahlhorn gab das „Gut" jedoch 1358 an die Nonnen von Eppenberg zurück, die es auf seine Bitte hin an seinen Neffen verpachteten, gegen die jährliche Abgabe von einem Viertel Zentner Unschlitt (Kerzenwachs).

Sechs Jahre später verkaufte dieser jüngere Bahlhorn das Gut für sechzehn Pfund Pfennige an Otto II. von Röhrenfurth, der zu dieser Zeit Melsunger Amtmann war. 1383, als Otto II. sein Erbe aufteilte, fand er seinen Sohn Otto den Jüngeren mit Haus und Hof in Wendesdorf und den dazugehörigen "Äckern, Wiesen, Berg, Holz und Feld" ab. Nach dessen Tod sollten seine Neffen Strauß von Binsförth und Otto von Gleichen den Besitz erben (siehe auch im Kapitel: Die Herren von Röhrenfurth).
In den Kriegen von 1390, als Heere des Erzbischofs von Mainz, des Landgrafen von Thüringen und des Herzogs von Braunschweig in der Gegend von Melsungen zusammenstoßen, scheinen beide Röhrenfurther (Otto der Jüngere und sein Bruder Hans) umgekommen zu sein; denn nun tritt Strauß von Binsförth als Erbe auf und bringt auch die Wendesdörfer Äcker des Melsunger Allerheiligenaltars an sich. Erst nach hartnäckigen Verhandlungen kann der Melsunger Schultheiß Heinrich von Kirchhain erreichen, daß die fünf Äcker zu Wendesdorf dem Altar zurückgegeben werden. Diese Äcker lagen am Lobenhäuser Pfad, am Giesengraben (früher Geisengraben) und an der Steinwelle.

Die letzten Mitglieder der Familie von Röhrenfurth behielten dort bis zuletzt einigen Besitz, ebenfalls Röhrenfurther Bauern und der Röhrenfurther „Heyligenmeister" (der Kastenmeister der Röhrenfurther Kirche). Der Röhrenfurther Bauer Tiele Gonderam und seine Ehefrau Elke schenkten 1427 zwei ihrer Wendesdorfer Äcker dem Melsunger Katharinenaltare, dessen Inhaber, die Karthäuser Mönche, sie an einen Melsunger Bürger (1495) veräußerten. Entscheidende Veränderungen brachte das Jahr 1432. Damals, nach dem Tode von Eckhards II. von Röhrenfurth, verleiht die Reichsabtei Hersfeld, die ebenfalls in Wendesdorf begütert war, das Erblehen zu Wendesdorf, das die von Röhrenfurth besessen hatten, an Hermann Riedesel. Es bestand noch aus einem festen Haus und einem Wirtschaftshof, woran die auf der Karte des "Bezircks Röhrenfurtt" oberhalb von "Lorenzen Wäldchen" angegebene Flurbezeichnung "das Kaw" erinnert (Kaw = Bezeichnung für das Vorwerk eines Gutes). Wann die Gebäude verfielen, ist nicht nachweisbar, vermutlich nach 1460. Die Besitzverhältnisse des Flecken Wendesdorf (1460 Wenthesdorf) waren während der gesamten Zeit seines Bestehens verwirrend unübersichtlich, sogar ein Spangenberger Bürger Süßemei vermachte (1453) sein Gut Wendesdorf den Karthäuser Mönchen, die wiederum ihren Melsunger Vikar in 1460 damit ausstatteten. Im Jahre 1495 erwirbt der Melsunger Bürger Hannes Wuthefeid alle Liegenschaften. Das Dorf war damals schon wüst, die Feldflur aufgeteilt nach Röhrenfurth, Melsungen und Schwarzenberg.

Das einzige, was von Wendesdorf gefunden wurde, waren einige Mauerreste, die beim Ackern des Flurstückes "Am Lobenhäuser Pfad" zutage gefördert wurden. Die „Höhle", durch die die alte Poststraße nach Melsungen führte, ist wahrscheinlich angelegt worden, um die Abfahrt den steilen Wendesberg hinab zur Fulda etwas weniger halsbrecherischer zu machen. Der Rest eines "Burggraben" ist sie bestimmt nie gewesen.

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