Archiv Melsungen

Die Nürnberger Landstraße als „Alte Poststraße" und die Röhrenfurther Fuldabrücken Teil 2

Die Auffahrt zur Fähre befand sich oberhalb der Brücke, etwa dort, wo heute die Bushaltestelle ist. Die Fähre war an Hans Curth Nadler für jährlich 32 Rthl. verpachtet, zu zahlen an die "allergnädigste Herrschaft" (in die Renterei Melsungen).
Im Jahre 1760 war wieder eine Brücke vorhanden, denn lt. der Melsunger Amtsrechnung erhielt der Brückenmeister Noll in diesem Jahr 10 Rthlr. Sold; für Brückenreparaturen waren insgesamt 179 Rthl. 13 Alb. und 1 Hlr. aufgewendet worden. Vier Jahre später, in 1764 mußte die Brücke wieder gründlich überholt werden. Die Ämter Melsungen, Rotenburg und sogar die Stadt Sontra steuerten Geld für diese Reparatur bei. Weitere vier Jahre danach (1768) baute man ein neues Zollhaus für den Brückenwärter. Als später Brückenzoll nicht mehr erhoben wurde, zog der in Röhrenfurth stationierte Forstläufer (Forstwart oder Förster) ein. In den Jahren 1797/98, bei Brückenwärter Stephan Geil, war erneut eine „Generalüberholung" der Brücke erforderlich, die die enorme Summe von 4450 Reichs thalern kostete. Zur Finanzierung dienten die Zolleinnahmen der beiden Jahre, den weitaus größten Teil brachten aber die umliegenden Ämter und Städte auf: Das Amt Melsungen 290 Rthl., die Stadt Melsungen 181 Rthl., das Amt Spangenberg 640 Rthl.,die Stadt Spangenberg 148 Rthl., das Amt Felsberg 361 Rthl., die Stadt Felsberg 72 Rthl., das Amt Rotenburg 938 Rthl. und die Stadt Rotenburg 242 Rthl.

Diese Brücke war eine „verdeckte" Brücke, also mit einem Dach und seitlichen Blenden versehen,hatte zu beiden Seiten Holztore, die gegen das Übersteigen mit „eisernen Stacheln" bewehrt waren. 1817 wurde der Brückenaufbau durch einen starken Sturm erheblich beschädigt. Auch fehlten „auf dem Fenster des Brückendaches 16 Stk. Scheiben", wie der Brückenwärter Georg Werner vermeldete. Für die Reparatur des Daches und das Auswechseln von Bohlen des Brückenbelags mußten 120 Rthl. 2 Sgr. 7 Hlr. aufgewendet werden. Im Jahre 1807 hatte der Brückenwärter Noll nur noch 45 Thaler Brückenzoll eingenommen.
Davon zahlte die Gemeinde Röhrenfurth 10 Thaler als pauschale Benutzungsgebühr. Bereits 1828 wurde wieder eine neue Brücke gebaut, immer noch aus Holz. Sie hat knapp 60 Jahre lang den Eisschollen und den Hochwassern der Fulda getrotzt und mußte nach wiederholten Reparaturen in 1856 und 1880 am 18. Juli 1884 für Wagen mit mehr als 80 Zentner Gewicht und am 15. Dezember 1884 für Wagen mit mehr als 45 Zentner Gewicht gesperrt werden. Seit 1886 überspannen nun Steinbrücken die Fulda. Die erste hatte Pfeiler aus gehauenen Sandsteinen auf denen Stahlträger lagen, darüber quer eiserne Halbschalen, die mit Beton und Schotter aus- und aufgefüllt waren.

Auch diese Brücke wurde nur knapp 60 Jahre alt, bis deutsche Soldaten sie am 31. März 1945 beim Einzug der Amerikaner sprengten. Über sie waren die ersten Autos gerollt, die Röhrenfurther Burschen und Mädchen Arm in Arm darüber geschlendert, drei mächtige Kastanienbäume spendeten an ihrer Auffahrrampe dem Wanderer Schatten. 1929 hatte ein Lastwagen das Geländer durchbrochen, war in die Fulda gestürzt und hatte sich an den Pfeilerresten der alten Holzbrücke so festgehakt, daß weder Pferdegespanne noch Flaschenzüge ihn ans Ufer ziehen konnten. Hochbeladene Erntewagen waren über sie ins Dorf gerollt, Jungen von den Pfeilern ins „Päreloch" (Pferdeloch) gesprungen, unter ihr hindurch geschwommen, um die Stümpfe der alten Holzbrücke zu suchen. Sie war noch ein Teil des Dorfes gewesen.

Nach Kriegsende lebte für kurze Zeit ein Fährdienst für Personen auf, bis die Brücke notdürftig für den Personenverkehr und leichten Kraftfahrzeugverkehr in Stand gesetzt worden war. Der Schwerverkehr wurde umgeleitet. Endlich am 17. März 1958 teilte der Kreistag mit, daß der Neubau der Röhrenfurther Fuldabrücke nach Beseitigung aller Schwierigkeiten nunmehr mit 1,3 Mio. DM Kostenaufwand durch den Bund innerhalb von zwei Jahren erfolgen sollte. (Man hatte sich lange Zeit nicht über die Höhe der Brücke einigen können, denn man trug sich mit dem Gedanken, die Fulda wieder schiffbar zu machen. Als Folge davon mußten beide Auffahrrampen und auch die Umgehungsstraße erhöht werden).

Bevor man die Brückenteile abreißen konnte, baute man eine hölzerne Behelfsbrücke, dort wo die Fuldafurt war. Schwierige Arbeiten standen bevor. Das Abtragen der Träger, Pfeiler und Widerlager der alten Brücke, die Gründungsarbeiten für die neue Brücke und die Schalungsarbeiten für den Beton nahmen erhebliche Zeit in Anspruch; am Fuldaufer entstand ein Betonwerk mit großen Kieshalden und Zementsilo und die Mischmaschinen ratterten Tag und Nacht, eine Flutlichtanlage erleuchtete die Baustelle, da der Guß der Spannbetonträger nicht unterbrochen werden durfte. Ende 1960 wurde dieses Bauwerk mit einer Feierstunde dem Verkehr übergeben und die Röhrenfurther atmeten auf, als der bis dahin durch das Dorf rollende, über Schwarzenberg umgeleitete Schwerverkehr wieder über die Bundesstraße floß. Örtlicher Leiter dieses Bauwerks war ein Röhrenfurther, der Polier Ludwig Metz, wohnhaft im Sommerweg.

Nur 20 Jahre dauerte es, bis Schmelzwasser und Tausalz durch haarfeine Risse soweit in den Asphalt und Beton eingedrungen war, um für die Stahlbewehrung der Träger und der Decke zur Gefahr werden zu können. In den Frühjahrsund Sommermonaten des vergangenen Jahres (1981) trug man die Fahrbahndecke und die Bürgersteige ab, besserte alle erkennbaren Schäden am Beton aus, isolierte ihn mit Bitumenpappe und versah die Decke mit einer Asphaltschicht bevor die Fahrbahn geteert wurde. Auch neue Bürgersteige stehen nun den Fußgängern zur Verfügung. Leider versperrt das Geländer den vom Dorf auf die Brücke einbiegenden Autofahrern erheblich die Sicht. Eines sei noch erwähnt: Damit auch diese Brücke im „Ernstfall" wieder ohne große Mühe zerstört werden kann, erhielt sie Sprengkammern. Hat jemals eine nicht mehr benutzbare Brücke den „Feind" aufhalten können?

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