Archiv Melsungen

Zwischen zwei Weltkriegen 1919 - 1939 Teil 2

Am 15. November 1923 ging dann wenigstens der „Geldspuk" zu Ende, die Rentenmark wurde als wertbeständiges Zahlungsmittel eingeführt. Wunder konnte sie aber nicht vollbringen, und es dauerte Jahre, bis sich die Zustände einigermaßen normalisierten.
Im gleichen Jahre gründeten einige Röhrenfurther den „Club lustig und zufrieden". Jedes der Mitglieder besaß ein eigenes Bierglas mit eingraviertem Namen, das jederzeit für einen kühlen Trunk in einem Regal hinter der Theke bereitstand. Später schloß sich der Club dem „Touristen-Verein Naturfreunde" an. Eine Mandolinengruppe und eine Volkstanzgruppe sorgten für Unterhaltung; man wanderte viel und half auch tatkräftig beim Bau des Naturfreundehauses auf dem „Hohen Meißner". Der Club bestand bis 1933 und erfreute sich großen Zuspruchs.
Es begannen die Jahre, die man später "die goldenen zwanziger Jahre" genannt hat. Sie brachten eine Scheinblüte der Wirtschaft, die 1929 durch die „Weltwirtschaftskrise" jäh beendet wurde. Es kam zu Konkursen in bisher nie gekannter Zahl, die Arbeitslosigkeit stieg unaufhaltsam, und 1932 waren weit über 6 Millionen Menschen ohne Arbeit.
Obwohl Röhrenfurth auch nach dem Kriege seine bäuerliche Lebensgrundlage nicht verloren hatte und damit die Nahrungssorgen nicht so unmittelbar zu spüren bekam, wie die Menschen in den Städten, war die Not in einigen Familien doch nicht zu übersehen. Am deutlichsten geht dies aus Beschlüssen der Gemeindevertretung der ausgehenden zwanziger und beginnenden dreißiger Jahre hervor, wo man lesen konnte: Der Witwe . . . wird auf ihren Antrag vom . . eine Notstandsbeihilfe von 5 Mark gewährt. Anderen bewilligte das Gemeindeparlament gar nur 2,50 Mark, 12,50 Mark war m. W. der Höchstbetrag, den eine Frau mit mehreren Kindern erhielt. Welche Überwindung wird es diese Röhrenfurther gekostet haben, der Gemeinde ihre Armut zu offenbaren. Auch ein Auszug aus der Chronik des Männergesangvereins schildert eindringlich die Situation des Jahres 1930. „Der Besuch der Gesangstunden war im allgemeinen befriedigend. Nur hemmen die wirtschaftlichen Nöte sehr und mancher eifriger Sänger wird durch Familiensorgen niedergedrückt, daß es ihm schwerfällt seine Gesangstunden regelmäßig zu besuchen".

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