Archiv Melsungen

Vom Siebenjährigen Krieg bis zur Gründung des Kaiserreiches 1756 - 1871 Teil 5

Die Röhrenfurther Gemeinderechnung von 1829,
Erläuterungen dazu.
Der Bau der Friedrich-Wilhelms-Nordbahn,
Vorbetrachtung, die Auswirkung auf unser Dorf, die Eisenbahn bis heute.

Teil 5

Einige Erläuterungen zur Gemeinderechnung von 1829

Einnahmen:
Zu Ziffer 1: Da es damals in Melsungen noch kein Kreditinstitut gab, konnte der erwirtschaftete Überschuß nur in Form von barem Gelde vom Gemeinderechner (damals Vorsteher genannt) verwahrt werden. Anscheinend blieb es dabei nicht aus, daß dem nachfolgenden Vorsteher nicht alles Bargeld übergeben werden konnte, das der oder die Vorgänger noch schuldeten. Siehe auch Ziffer 24 der Ausgaben.
Zu Ziffer 3: Die Holzniederlage war ein 9.1/8 Acker 7.1/2 Ruthen großer "steiniger Rasen an der Fulda worauf die Schiffsleuthe das Magazin Holtz auflegen, so sie von dar nach Caßell fahren, ist sonstens zu nichts zu Nutze". Er gehörte zu den "Gemeinds-Güthern" und lag zwischen dem jetzigen Sportplatz, der Fulda und der Brücke. In 1982 Festplatz für die 800 Jahr-Feier.
Die "alte Baumschule", der spätere, vom zweiten Röhrenfurther Lehrer genutzte Schulgarten, lag dort, wo das in 1938 — als Ersatz für das abgerissene Brückenhaus — errichtete Schmidt'sche Haus steht. Auf dem Foto "Röhrenfurth um 1900" ist dieser Garten sehr gut erkennbar.
Zu Ziffer 16: Für die, von "denen die Geschirre halten" in die militärischen Magazine (überwiegend in Kassel) zu fahrenden Naturalien, sowie für den Transport von Zivilgefangenen (in der damaligen Ausdrucksweise Verbrecher genannt) in das Gefängnis in Kassel, erhielt die Gemeinde eine Entschädigung, mußte aber zum Ausgleich der im Vorjahre tatsächlich angefallenen Kosten eine Rückerstattung leisten (siehe Ziffer 19.43 der Ausgaben).
Zu Ziffer 18: Der in Röhrenfurth tätige Pfarrer wurde auf der Grundlage der tatsächlich gehaltenen Predigten bezahlt. (Siehe auch Ziffer 4.3b und 3c der Ausgaben).
Die anteiligen Unterhaltskosten am Melsunger Pfarrhause (siehe Ziffer 7.16 bis 25 der Ausgaben) wurden ebenfalls im Umlageverfahren erhoben.
Ausgaben: Zu Ziffer 5.3a: Bußtage. Der Grebe war auch "Schiedsmann", ihm oblag die Schiedsgerichtsbarkeit.
Zu Ziffer 7.17: Der Lehrer Sandrock war nebenbei noch Leinweber, Metzger und Kirmesmusikant.
Zu Ziffer 8.26: Zur Finanzierung der Brückenbauten (Neubau und Reparaturen) wurden alle Orte und Ämter herangezogen, deren Einwohner Nutzen von der Brücke hatten. (Siehe auch das Kapitel: Die Nürnberger Landstraße und die Röhrenfurther Fuldabrücke).
Zu Ziffer 8.28 und 29: Die Gemeinde Röhrenfurth hatte als pauschale Benutzungsgebühr für die Fuldabrücke jährlich 10 Rthlr. Brückengeld (Zoll) zu zahlen.
Zu Ziffer 19.44: In der Prüfungsbemerkung heißt es "hätte zu Dienst geschehen müssen". Damit ist gemeint, daß die Anfuhr der Baumpfähle von einem Geschirrhalter als "Spanndienst" hätte gefordert werden müssen.
Zu Ziffer 25.52: Die genannten 32 jungen Männer mußten zur Musterung nach Fritzlar zu Fuß marschieren. Fritzlar war damals Musterungsort für unser Gebiet. Ein ziemlich weiter Weg dorthin.

Von einem früheren Kantonisten ist überliefert: "Hatte krumme Beine; da ihm das Gehen beschwerlich war, mußte er trotzdem nach Fritzlar. Er ist von seinen Freunden unterwegs getragen worden".
Als Zehrgeld für den Musterungstag gab es 1 ggr. (1 guter Groschen = 16 Heller). Zum Vergleich dazu: Ein Forstläufer bekam monatlich 2 Rhtlr. (umgerechnet rd. 25 Heller täglich) als Salär. Dem Greben zahlte die Gemeinde 8 Rthlr. jährlich oder rd. 8 1/2 Heller pro Tag. Der Totengräber bekam für seine schwere Arbeit 10 Alb. 8 Hlr. pro Grab.
Zu Ziffer 25.53: Einzugsgeld bzw. Auszugsgeld: Wenn ein Röhrenfurther sich seine Frau aus einem anderen Dorfe holte, so hatte diese ein "Einzugsgeld" von 5 Thalern in die Gemeindekasse zu zahlen.
Umgekehrt galt dasselbe. Der Georg Schröder aus Körle hatte eine Röhrenfurtherin geheiratet, folglich mußte unsere Gemeinde das in Körle fällige Einzugsgeld zahlen.

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