Archiv Melsungen

Von der Ersterwähnung bis zum ausgehenden Mittelalter

Von den Männern, Frauen und Kindern, die mit denen "De Rornefurt" - bestimmt lange vor dem Jahre 1182 - die Ansiedlung an der mit Röhricht bewachsenen Furt durch die Fulda bewohnten, ist uns nur eines mit Gewissheit bekannt: Sie waren Knechte und Hörige, eng verbunden mit dem Schicksal und dem Wohlergehen ihrer Herren. Ihnen mussten sie dienen, in deren Haus, das sie zuvor gebaut hatten. Sie mussten arbeiten auf deren Feldern, die sie zuvor gerodet hatten. Ihnen mussten sie folgen überall hin, auch zu den Fehden und Kriegen, an denen die damalige Zeit nicht gerade arm war.
Weit abhängiger aber waren sie von der Natur, die ihnen ihre Nahrung gab oder sie ihnen in anderen Jahren verweigerte. Die ihnen einmal einen bescheidenen "Überfluss" bescherte und sie ein andermal dem Hungertode preisgab; die ihnen Krankheiten schickte und frühen Tod, Unwetter und Dürren, Kälte und Hitze.

Wo die Bewohner der Ansiedlung Röhrenfurth ihre ersten Häuser oder besser gesagt ihre ersten Hütten errichteten, ist nicht bekannt. Man kann aber davon ausgehen, dass sie nicht in unmittelbarer Nähe der Fulda standen. Dort wären sie schutzlos den durch das Tal brausenden Nordwestwinden und dem Hochwasser ausgesetzt gewesen, aber auch dem Kriegsvolk, das durch das Fuldatal zog. Außerdem hatte das Gebiet des heutigen Unterdorfes ein vollständig anderes Gesicht. Es bestand aus nassem, feuchtem, wenn nicht gar morastigem Untergrund, mit Schilf und Wasserpflanzen bewachsen, und die Furt begann nicht erst am Fuldaufer. Diese Vermutung ist aufgrund der Bodenbeschaffenheit der Fuldawiesen ober- und unterhalb des Dorfes und des Unterdorfes durchaus berechtigt. Unter der dünnen Humusschicht der Wiesen lagern Sand und Kies während der Boden im Unterdorf aus "2 m Schlammerde, 1 m Triebsand, 1/2 m Schlammerde mit faulem Holz, Laub und Schilfresten durchsetzt und 1/2 m Steingeröll, die Steine glatt und abgeschliffen, wie Flusssteine" besteht. So beschreibt der Lehrer Ackermann seine Beobachtungen, die er beim Graben des Schulbrunnens im Jahre 1903 machte (siehe auch Kapitel: Röhrenfurther Wasserleitung). Auch der "Abriss des Bezircks Röhrenfurtt so Riedeselisch" aus dem Jahre 1615 zeigt lediglich zwei Häuser im jetzigen Unterdorf. Ebenfalls läßt die sehr alte Flurbezeichnung "Die Hilgenwiese", das Gebiet zwischen dem Sägewerk und der Fulda, den Schluss zu, dass diese Wiese nicht besiedelt war. Wahrscheinlich ließen sich die Siedler am Rande des Kriegenberges (im Mittelalter "Kriechnase") und am Eingang des Breitenbachtales nieder, wo sie wesentlich besser vor den Unbilden der Natur geschützt waren und wo doch das lebensnotwendige Wasser aus der Fulda und dem Breitenbach in unmittelbarer Nähe vorbeifloss.
Ob und wo die Lehensherren, die "de Rornefurt", im Dorfe ihren Sitz hatten, weiß ebenfalls niemand. Es sind weder Mauerreste noch sonstige Spuren, die auf ein größeres festes Haus oder gar eine Burg hinweisen könnten, gefunden worden. Wenn sie in Röhrenfurth gewohnt haben, dann auf einem erhöhten Platz, von dem man den Besitz und die Untertanen überwachen konnte. Da es aber mehrere solcher Plätze gibt, wäre die Nennung einer Stelle reine Spekulation.

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